Andreas Maurer: Marko Hilbert ist Head of Data Center Operations bei IONOS. Marko, ein Rechenzentrum braucht notwendigerweise viel Strom. Wie kann man hier nachhaltig arbeiten?
Ja, da gibt es viele Wege. Also ein Hauptteil unserer Energie fließt natürlich in die Kühlung der Rechner und dort können wir durch Einsatz moderner Kühltechniken und Technologien natürlich sehr viel Energie sparen. In den letzten zehn Jahren hat sich auch das ganze Thema rund um Kühlung massiv verbessert. Da haben wir jetzt Energiereduktion um bis zu 60 Prozent erreicht, einfach durch energieeffizientere Pumpen, Motoren, Lüfter, Kälteanlagen an sich. Aber auch die modernen IT-Systeme helfen natürlich, um Energie zu sparen. Da läuft der Server nicht mehr rund um die Uhr bei 100 Prozent Last, sondern regelt nur noch nach Bedarf, was er braucht und benutzt dann Stromsparfunktionen und andere Dinge, um die Energie zu reduzieren, wenn er eben weniger gebraucht wird, vor allem zum Beispiel nachts. Und das hilft uns dann, Energie nachhaltig zu sparen.
Andreas Maurer: Was tun wir sonst noch, um Strom zu sparen im Rechenzentrum?
Wir haben im Jahr 2019 angefangen ein ISO 50001-System bei der IONOS einzuführen. Das ISO 50001-System ist dafür da, um ein Energiemanagementsystem aufzubauen. Was sich genau damit beschäftigt, wohin geht die Energie im Rechenzentrum? Wer verbraucht da am meisten? Und was können wir tun, um Maßnahmen zu schaffen, den Energiebedarf zu reduzieren. Und zwischen 2018 und 2019 haben die ganzen Maßnahmen, die wir eingeleitet haben, schon um eine elf-prozentige Reduktion unserer Gesamtenergie geführt. Da geht es von eben einsatzeffizienteren Energieanlagen, Kühlanlagen, aber auch um Kaltgangeinhausungen oder Luftführungsmittel, also wie fließt die Luft in einem Raum? Was können wir tun, um die genauer zu steuern? Was können wir tun, um genauer nachzumessen? Wo geht unsere Luft hin? Wo geht unsere Kälteleistung hin? Wer verbraucht am meisten Energie? Und dann eben zu verhindern, dass es Hotspots gibt oder das ganze Rechenzentrum homogener auszulasten.
Andreas Maurer: In den letzten zehn, zwanzig Jahren hat sich ja auch technisch einiges geändert. Was waren da die wichtigsten Weiterentwicklungen?
Die Technik ist nicht mehr so sensibel. Früher waren Rechenzentren sehr anfällig für Temperaturschwankungen, für Stromschwankungen, für andere Dinge. Und da hat sich natürlich wahnsinnig viel entwickelt. Und diese Robustheit erlaubt uns zum Beispiel auch, mit höheren Temperaturen im Rechenzentrum zu arbeiten. Und desto höher wird die Temperatur fahren können, umso effizienter können wir kühlen, weil desto weniger wird es runter kühlen müssen, desto weniger Strom brauchen wir. Und solche Dinge haben uns in den letzten zehn Jahren massiv geholfen, effizienter Rechenzentren zu betreiben.
Andreas Maurer: Das heißt, bei dieser Weiterentwicklung würde man heute ein Rechenzentrum vielleicht auch ganz anders planen als noch vor 15 Jahren?
Auf jeden Fall. Vor 10 / 15 Jahren haben wir Rechenzentren nach dem klassischen Prinzip geplant. Ein Raum muss kalt sein, und dann stellt man ein paar Computer rein, und dann wird das schon laufen. Heute geht man da sehr viel selektiver vor. Man schaut sich die Klimadaten an, sucht optimale Standorte aus, wo wir Rechenzentren bauen können. Das geht natürlich nach vielen Parametern, auch zum Beispiel dem Kundenbedarf, wo braucht der Kunde IT? Und bauen dann sehr bedarfsgerecht, denn desto größer man ein Rechenzentrum baut, desto mehr hat man Verluste. Und diese Verluste möchte man natürlich reduzieren. Ein leeres Rechenzentrum hat auch hohe Verluste. Also versuchen wir, wenn wir ein neues Rechenzentrum bauen, sehr klein und kompakte Module zu bauen, die dann von Tag eins an gut ausgelastet sind und dann quasi wie im Lego Prinzip die nächsten Module anzudocken. Und die können auch voneinander unabhängig laufen, was natürlich auch unserem wichtigsten Ziel hilft, der Verfügbarkeit.
Andreas Maurer: Das älteste Rechenzentrum von IONOS stammt aus dem Jahr 2003. Macht es denn mit all diesen Bedingungen Sinn, so ein altes Rechenzentrum jetzt komplett umzurüsten?
Was macht Sinn? Was bringt tatsächlich Effizienz, die der Kunde am Ende auch nicht so wirklich spürt, an der Verfügbarkeit? Und was hilft uns auch ein Rechenzentrum dauerhaft für die nächsten 15 bis 20 Jahre zu betreiben? Und gerade im Hinblick auf diese modulare Bauweise ist ein Unterschied zwischen einer Modernisierung an einem Bestandsrechenzentrum und einem Neubau an einer anderen Stelle in modularer Bauweise gar nicht mehr so kostenunterschiedlich. Und das erlaubt uns natürlich dann auch, an einem besseren Standort mit besseren Klimabedingungen, zum Beispiel etwas höher gelegen oder bessere Klimadaten, ein effizienteres Rechenzentrum zu bauen, was sich schneller amortisiert, als ein Bestands-Rechenzentrum zu modernisieren, das ist immer sehr fallabhängig.
Andreas Maurer: Vielen Dank, Marko Hilbert.