Andreas Maurer: Herzlich willkommen zu einer neuen Folge von Inside Ionos. Mein Name ist Andreas Maurer und diese Folge nehmen wir auf der Re:publica 2025 auf. Deswegen gibt's ein paar Geräusche im Hintergrund. Und heute geht's um ein Thema, das uns bei IONOS schon seit einigen Jahren beschäftigt, das aber erst in diesem Jahr so richtig ins öffentliche Bewusstsein geraten ist, nämlich die digitale Souveränität. Und dazu freue ich mich, dass heute Alexandra Gese bei uns zu Gast ist. Hallo Alexandra.
Alexandra Geese:
Hallo.
Andreas Maurer: Alexandra ist Mitglied des Europäischen Parlaments und dort seit drei Jahren stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Fraktion die Grünen / EFA, und unter anderem kümmert sie sich um Digitalpolitik, war Schattenberichterstatterin für den Digital Services Act und ist eine der Mitinitiatorinnen der Eurostack Initiative. Da reden wir sicherlich gleich noch drüber, aber vielleicht Alexandra, ein ganz aktuelles Thema ging heute durch die Nachrichten: Die Bundeswehr lässt sich von Google jetzt eine On Premise Cloud in ihren Rechenzentren aufbauen. Was ist dein Gefühl? Du hast es glaube ich eben auch erst gerade gehört.
Alexandra Geese: Ich finde das unfassbar. Es ist weithin bekannt, dass die USA Gesetzgebung haben, die besagt, dass alle Daten, die von einem amerikanischen Unternehmen kontrolliert werden, nicht sicher sind, sondern dass die amerikanische Regierung darauf zugreifen kann. Und wir hatten ja gerade erst vor wenigen Tagen oder Wochen einen Fall von Microsoft, das den E-Mail Account von einem Mitarbeiter des internationalen Strafgerichtshofes einfach geschlossen hat, auf Anweisung des Präsidenten. Und genau das kann uns auch mit der Bundeswehr-Cloud passieren und da hilft auch kein Vertrag dagegen. Ja, wenn es hart auf hart geht, dann ist Google ein amerikanisches Unternehmen und wird tun, was es gemäß amerikanischer Gesetzgebung tun muss. Und wir wissen eben auch, wie der amerikanische Präsident gerade mit Unternehmen umgeht, die nicht immer nach seiner Pfeife tanzen. Er hat vor einigen Monaten Mark Zuckerberg, den Chef von Meta bedroht und hat gesagt, wenn er nicht genau das tut, was Präsident Trump will, dann muss er mit lebenslanger Haft rechnen. So werden da gerade Unternehmen eingeschüchtert und deswegen ist es vollkommen unfassbar, dass gerade eine deutsche Sicherheitsinstitution wie die Bundeswehr auf eine Zusammenarbeit mit Google setzt.
Andreas Maurer: Ja, da muss man sich doch tatsächlich fragen, hat man sowohl in Berlin, aber vielleicht auch bei euch in Brüssel denn den Knall gehört, denn das mit dem E-Mail-Postfach, das war jetzt das erste Mal, dass wirklich sowas in der Praxis passiert ist. Mich hat das Ganze so bisschen an die Snowden-Affäre damals erinnert, wo auch alle gesagt haben, das sind Hirngespinste, Verschwörungsideologien, und dann wird das plötzlich Wahrheit oder man sieht, dass alles echt ist, und irgendwie müsste doch jetzt auch die Politik eigentlich auf solche Vorfälle reagieren.
Alexandra Geese: Ja, ich bin auch sehr überrascht, dass das in Berlin noch nicht angekommen ist. In Brüssel macht man sich da schon sehr stark Gedanken drüber. Du hast ja gerade auch schon angesprochen, dass Thema digitale Souveränität, was ich mit einigen anderen im September sehr stark in Brüssel gesetzt habe, ist extrem erfolgreich. Es wird sehr, sehr viel drüber geredet, auch gerade in Deutschland. Und es liegt natürlich auch daran, dass alle sehen, wie unberechenbar und gefährlich die amerikanische Regierung geworden ist. Ich glaube, wir haben uns da früher nicht so viel Gedanken drüber gemacht, weil wir gedacht haben, na ja, irgendwie sind die Amerikaner schon unsere Bündnispartner, unsere Freunde, wenn es hart auf hart geht, steht man zusammen in der westlichen demokratischen Welt. Und das ist jetzt nicht mehr so. Trump hat mehr gesagt, dass die EU für ihn der Hauptfeind ist, dass er die EU zerschlagen will. Es ist sehr klar, dass einige Akteure, die auch eine große Rolle spielen in der Tech Industrie und in der amerikanischen Regierung, wie z.B. Inon Mast, die AfD unterstützen, also eigentlich die Demokratie in Europa zerstören wollen. Es ist sehr klar, dass einige von ihnen eng mit Putin und russischen Akteuren zusammenarbeiten. Wie kann man also heute noch amerikanischen Unternehmen die Kontrolle gerade über Daten aus der Verteidigung geben? Das ist für mich einfach vollkommen unfassbar.
Andreas Maurer: Du hast gerade angesprochen, dass ihr seit September an dem Thema arbeitet. Es gibt ja jetzt, glaube ich, gerade ganz neu, frisch, ich habe ihn noch nicht gesehen, ein Bericht zum Thema technologische Souveränität in Europa. Kannst du ein bisschen was dazu sagen, was da letztendlich drin steht und was wir daraus erwarten können?
Alexandra Geese: Ja, natürlich der Industrieausschuss des Europäischen Parlaments hat auf meine Initiative hin an diesem Bericht erarbeitet. Das ist ein sogenannter Eigeninitiativbericht. Das heißt, das Parlament sagt der Europäischen Kommission, was sie sich eigentlich jetzt vorstellt und in welche Richtung sie Gesetzgebung erwartet. Es geht dabei darum, um die Ebenen zu nutzen, die wir als Gesetzgeber nutzen können, um die digitale Souveränität in Europa zu stärken. Das heißt konkret natürlich auch sehr stark die europäischen Unternehmen zu stärken. Und einer der wichtigsten Maßnahmen, die jetzt in diesem Bericht drin stehen, ist, dass wir bei der Neuauflage der Vergaberichtlinie, die jetzt ansteht, also die Regulierungen dafür, wie öffentliche Aufträge in Europa gestaltet werden müssen, sagen, dass gerade bei digitalen Produkten und Dienstleistung und ganz besonders im Cloud Bereich dafür gesorgt werden muss, dass europäische Unternehmen bevorzugt in Anspruch genommen werden und bevorzugt behandelt werden. Das ist für uns ganz wichtig, um Nachfrage zu schaffen, denn im Moment hat man das Problem, dass Microsoft z.B. gerade in den Verwaltungen praktisch eingebunden ist, da sehr viele Produkte bereits genutzt werden und dass es deswegen schwierig ist, z.B. im Cloudbereich auf einen anderen Anwender zu gehen. Ein weiteres Problem ist, dass in den öffentlichen Verwaltungen oft spezialisiertes Personal fehlt, was sehr teuer ist, was eher in der Privatwirtschaft beschäftigt wird und dass man deswegen nicht genug Leute hat, die wirklich unterscheiden können zwischen den Angeboten der einzelnen Unternehmen, die einfach auch nicht genug Zeit haben, danach Forschungen anzustellen und deswegen bei den bewährten Anbieter bleiben und so verfestigen sich Monopole. Außerdem spricht der Bericht auch noch über den Telekommunikationsbereich, die Konnektivität. Es geht darum, Talent stärker zu fördern und in Europa zu halten. Vor allen Dingen, wir haben ja eigentlich sehr gute Universitäten. Es geht um offene Standards, es geht um Open Source, obwohl wir da durchaus unter den Parteien auch gestritten haben, weil die Union gerade beim Thema Open Source eigentlich nicht mitgehen wollte. Jedenfalls dieser die das Thema mit uns verhandelt hat. Deswegen sind wir uns bei vielen Dingen noch uneinig. Aber die Stoßrichtung, dass es mehr digitale Souveränität geben muss, die kommt aus diesem Bericht sehr klar zum Ausdruck.
Andreas Maurer: Jetzt ist das Papier aber erstmal nur ein Bericht, noch kein Gesetz. Wie wird's denn jetzt weitergehen? Und wie wahrscheinlich ist es, dass da tatsächlich Regelungen rauskommen, die dann auch verbindlich sind?
Alexandra Geese: Es ist eine politische Stoßrichtung und es hat schon Relevanz. Es ist natürlich kein Gesetz, aber man braucht eben auch nicht für alles Gesetze. Aber es bringt klar zum Ausdruck, dass das Parlament die Idee einer digitalen Souveränität Europas unterstützt und die Europäische Kommission auffordert, entsprechende Schritte zu gehen. Es wird z.B. im nächsten Jahr die Vergaberichtlinie neu aufgemacht und wenn jetzt unser Bericht sagt, gerade im digitalen Bereich ist es wichtig, dass europäische Unternehmen endlich mal bei der Vergabe zum Zuge kommen, dann wird die Kommission das berücksichtigen, wenn sie ihren neuen Vorschlag für die Vergaberichtlinie macht. Genauso sagen wir, es muss auch öffentliche Förderungen in einigen Bereichen geben. Im Bereich Halbleiter z.B. in Enthaltung von Open Source Code in einigen Fällen, wo wir einfach auch öffentliche Förderung brauchen und nicht nur privates Kapital. Da wird es für den mehr Finanzrahmen, der in diesen Jahren jetzt gerade erarbeitet wird, natürlich auch berücksichtigt und da ist es für die Kommission wichtig, dass dieser klare Wille vom Parlament zum Ausdruck gebracht wird.
Andreas Geese: Und ist das ein Thema, das tatsächlich jetzt auch über die Parteigrenzen hinweg schon schon ähnlich gesehen wird oder sprich, wird es dafür am Ende eine Mehrheit geben?
Alexandra Geese: Es wird eine Mehrheit geben dafür. Ja, auf jeden Fall. Es gibt eine parteiübergreifende Mehrheit. Das heißt, nicht, dass wir alle das gleiche in der gleichen Ausprägung wollen. Also Grüne und Sozialdemokraten sprechen sich stärker auch für eine öffentliche Förderung z.B. in einigen Bereichen aus und würden gerne schneller vorangehen. Auch was z.B. das Thema Cybersicherheit betrifft, hätten wir da gerne höhere Standards, während die Christdemokraten zu teilen noch sehr zurückhaltend sind und nur auf marktwirtschaftliche Instrumente setzen wollen. Aber wir wissen, dass in der Monopol oder Oligopolsituation rein marktwirtschaftliche Instrumente oft nicht genug sind und gerade Vergabe hat ja auch wirklich sehr viel mit Auflagen und mit den Strukturen der Bürokratie zu tun. Wir sind uns noch uneins über die einzelnen Instrumente, aber darüber, dass wir uns unabhängiger machen müssen von den USA und natürlich auch von China gerade im Cloudbereich, im Social Media Bereich, darüber sind wir uns ja einig.
Andreas Maurer: Dann vielleicht so halb von der Politik weg, aber nicht wirklich. Du hast die Eurostack Initiative mit begründet mit einigen Mitstreiterinnen, glaube ich, hauptsächlich. Vielleicht kannst du mal kurz zusammenfassen, was ist die Idee dahinter?
Alexandra Geese: Ja, die Eurostack Initiative wurde tatsächlich erstmal von Frauen mit einer großen Konferenz am 20. September im Europaparlament mit Francesca Bria, Christina Caffarra zusammen. Die Idee dahinter ist, dass man sich anschaut, wo sind eigentlich die Lücken in Europa und sehr gezielt dort investiert und Maßnahmen ergreift, wo es am dringendsten notwendig ist. Zur zur Erläuterung vielleicht, es gibt ja jetzt sehr viel diesen Aufruf, man soll KI überall implementieren, um die Produktivität zu erhöhen, um nicht zurückzubleiben. Wenn wir jetzt aber durch die Bank amerikanische KI Anwendungen implementieren, dann machen wir uns in Europa erstmal noch viel abhängiger. Und ein Präsident Trump, der schon sehr klar gezeigt hat, dass er Europa einfach erpressen will, wird das natürlich ausnutzen. Deswegen legt der Eurostack besonderen Wert auf die Infrastrukturebene. Also gerade Rechenzentren sind eine ganz entscheidende Infrastruktur, nicht nur zum Speichern der Daten, sondern eben auch für die Software, für die künstliche Intelligenz, die darauf läuft. Konnektivität, Unterseekabel, aber auch Halbleiter. Also Eurosteck ist eine Industrieinitiative, die ganz besonders in den Blick nimmt, wo im industriellen Bereich und im Infrastrukturbereich Lücken sind, damit wir auf europäischer Ebene, weil das kann man auf nationaler Ebene nicht füllen, auf europäischer Ebene jetzt die richtigen Schritte ergreifen, um diese Lücken zu füllen, weil diese Infrastruktur braucht auch die Industrie, um dann im Anwendungsbereich, im Anwendungslayer gut arbeiten zu können.
Andreas Maurer: Wie ist jetzt die Resonanz der Industrie? Also, wir haben beispielsweise als Sonders ja auch einige offene Briefe mitunterzeichnet mit Forderungen an die Kommission. Wie sieht's sonst so bei der bei den europäischen IT-Playern aus? Wird das angenommen?
Alexandra Geese: Die Resonanz ist großartig. Ja, also ich habe selten ein politisches Projekt angestoßen, was so viel Erfolg hatte in kurzer Zeit. Die Resonanz ist wirklich sehr gut und auch nicht nur in Deutschland, auch gerne in Frankreich, auch in Italien z.B. gibt es extrem viel Interesse und zwar besonders stark bei den bei den kleinen und mittelständischen Unternehmen im Digitalbereich, die natürlich sehen, welch große Chancen sich eröffnen, wenn man diese Monopol Monopolstrukturen durchbricht und über offene Standards allen die Möglichkeit gibt, wirklich mitzuarbeiten, aber auch große deutsche Unternehmen und auch Unternehmen aus dem restlichen europäischen Raum sind sehr interessiert und natürlich auch die Unternehmen, die vielleicht nicht direkt im digitalen Bereich unterwegs sind, die aber Nutznießer sind, die Clouds brauchen, um ihre eigenen Informationen, ihre eigenen Daten sicher zu lagern, um eigene KI Anwendungen laufen zu lassen. Die sind alle sehr interessiert. Von daher sind wir sehr zufrieden mit dieser großen Resonanz und die Unterstützung der Industrie ist natürlich auch enorm wichtig, damit die Europäische Kommission etwas tut.
Andreas Maurer: Wir haben bei IONOS ja vor kurzem einen neuen Standard mit initiiert zusammen mit Ruba aus Italien und Dynamo, einem Cloudanbieter, wo es darum geht, eben eine offene Schnittstelle zu schaffen, um verschiedene Clouds miteinander kompatibel zu machen. Ist das so die Stoßrichtung, die ihr euch auch mit vorgestellt habt?
Alexandra Geese: Ja, absolut. Das ist genau die Stoßrichtung. Was wir uns vorstellen, ist eben nicht das eine große europäische Google, das war ja immer so ein bisschen die Idee von europäischer Souveränität in den letzten Jahren. Das wird in Europa nicht passieren, aber die große Chance in Europa, die wir haben, ist ja genau dieses Zusammenarbeiten in einem Netzwerk, genauso wie wir sehr viele Hauptstädte haben und nicht die eine große Stadt in Europa, wie wir verschiedene Mitgliedstaaten haben, die auch in der Europäischen Union gut miteinander zusammenarbeiten, genauso müssen wir das im industriellen Bereich machen. Und wenn sich eben verschiedene Unternehmen zusammenschließen und gemeinsame Standards definieren und gemeinsam eine Produktpalette anbieten auf eine einfache Art und Weise, weil da kommt es ja für die Kunden im Endeffekt auch drauf an, dann haben wir eine echte Chance, die digitale Souveränität auch zu meistern.
Andreas Maurer: Du hast eben schon das Thema KI angesprochen, da gab's ja auch aus Brüssel vor kurzem eine Initiative, ich glaube von der Kommission zum Thema AI Giga Factories, also sprich große KI Rechenzent drin, die einfach natürlich sehr sehr teuer ist und ich glaube, es war die Rede von Volumen von 20 Milliarden für insgesamt vier Rechenzentren. Das heißt, eines der Rechenzentren würde 5 Milliarden im Aufbau alleine kosten plus dann noch die Betriebskosten. Wie siehst du da die Chancen, dass wir sowas in Europa gestemmt bekommen?
Alexandra Geese: Das ist eine gute Frage. Wir hören einigen Zuspruch aus der Industrie, aber auch viel Kritik, weil es ist natürlich erstmal sehr viel Geld, was da investiert wird und man muss sehen, ob das wirklich der richtige Ort ist, dieses Geld zu investieren. Ich glaube, da muss ich auch die Industrie und die Startups noch mal melden, weil einige sagen, sie brauchen eigentlich gar nicht so riesige Kapazitäten, sondern mehr einfach viel, viel kürzere Wartezeiten, weniger Bürokratie beim Zugriff auf Rechenkapazitäten. Aber grundsätzlich glaube ich, dass es gut ist, dass wir eine öffentliche Infrastruktur aufbauen bzw. die öffentliche Infrastruktur, die es gerade auch bei den Universitäten schon gibt, auch eben nutzbar machen für die Industrie. Die war ja bisher für Forschungseinrichtung nutzbar, aber eben nicht unbedingt für europäische Startups oder auch kleine kleine Unternehmen und Mittelstände. Händler und grundsätzlich diese Öffnung jetzt hinzubekommen und das da auch schnell reinzugehen in die Praxis, das ist enorm wichtig und da gibt es schon sehr gute Beispiele
Andreas Maurer: Und was auch in in dem Kontext jetzt für uns als Cloudanbieter natürlich relevant ist, dass wir irgendwann die Kosten halt auch gerne wieder reinspielen würden. Wir brauchen natürlich die Nachfrage und im Moment ist halt das große Thema, wer nutzt diese KI Dienste auch? Wie sieht's da aus mit dem Staat auch oder den öffentlichen Institutionen als Ankerkunde?
Alexandra Geese: Ja, eine Stoßrichtung, die ich besonders in dem Bericht jetzt des Europäischen Parlamentes verfolgt, habe, ist ja genau diese Verpflichtung für öffentliche Verwaltung mindestens die Hälfte der Aufträge für digitale Produkte und Leistung, insbesondere im Cloudbereich an europäische Unternehmen zu vergeben. Es steht jetzt nicht genau mehr als die Hälfte drin, es steht aber bevorzugt an europäische Cloudanbieter Dienstleistung zu vergeben und das würde erstmal eine Nachfragestruktur schaffen, die ja eben auch Unternehmen wie Jonus und auch Investoren, externen Investoren, die ihr Kapital vielleicht mal lieber in Europa investieren würden als in Digitalunternehmen in den US. eine gewisse Sicherheit geben würden und damit hätten wir die öffentliche Verwaltung als Zugpferd und ich bin mir relativ sicher, dass dann auch die Privatwirtschaft da sehr schnell nachziehen würde
Andreas Maurer: Und die Hälfte ist natürlich jetzt einfach mal eine numerische Angabe. Ich glaube, wir haben ganz am Anfang über das Thema Bundeswehr gesprochen. Also noch wichtiger ist, glaube ich, tatsächlich auch zu gucken, was sind wirklich die kritischen Infrastrukturen tatsächlich, die letztendlich für unsere Sicherheit und für das Fortbestehen der EU auch relevant sind, dass die Systeme wirklich auch kontrollierbar bleiben.
Alexandra Geese: Absolut. Die Europäische Kommission plant ja gerade auch den sogenannten Cloud Act, also auch ein Gesetz zum Cloudsektor und da wird's drin stehen, dass für die kritischen Bereiche europäische Clouds eingesetzt werden müssen. Die Frage ist natürlich, wie definiert man kritische Infrastruktur, kritische Daten? Bis jetzt hören wir, dass das nur ein sehr kleiner Prozentsatz sein wird, aber ich glaube, dass Daten von Bürgerinnen und Bürger, also ich denke auch z. B. an die Rentenversicherung an die an die Daten von Bürgerämtern, die müssen sicher gelagert sein, weil wir wissen, dass gerade jetzt auch mit dieser Regierung in den USA enormer Missbrauch mit diesem Daten getrieben wird und deswegen ist es wichtig, dass der Staat sicherstellt, dass seine Bürger geschützt sind.
Andreas Maurer: Also ein schönes Beispiel, das unser CEO immer gerne bringt, ist, dass bis heute die Bodycam-Bilder der Bundespolizei in der amerikanischen Cloud liegen. Also das ist schon komisch und ich glaube vor kurzem gab es auch die Meldung, dass zum Teil auch Reisepassdaten zumindest mal zwischengespeichert werden. Also ich habe mich auch auf unsere Termine heute hier versucht vorzubereiten, aber vom Prinzip her kam jeden Tag irgendeine neue Nachricht, die letzte eben gerade heute morgen. Das ist schon eine verrückte Zeit, in der wir gerade leben.
Alexandra Geese: Ja, es ist eine absolut, absolut verrückte Zeit. Und wenn man drüber nachdenkt, dass solche Daten auf amerikanischen Clouds landen, dann konnte man vielleicht bis vor einigen Monaten noch sagen, na ja, gut, die werden schon keinen Missbrauch damit treiben, aber mittlerweile sprechen wir über einen amerikanischen Präsidenten, der eine Richterin hat verhaften lassen, vollkommen grundlos und der unschuldige Menschen in Massengefängnisse in El nach El Salvador deportiert, auch vollkommen ohne irgendeine juristische Grundlage und der schon angekündigt hat, er wird eben auch auf Daten zugreifen, wenn er will und der systematisch die Europäische Union unter Druck setzt. Es gibt offizielle Dokumente der amerikanischen Regierung, die sagen, dass wenn wir z.B. eine Digitalsteuer einführen, wenn wir den Digital Services Act nutzen wollen, um Algorithmen z.B. zu untersuchen, dass das als feindseliger Akt behandelt werden wird. Ähm, also mit einer Regierung, die uns so erpresst, da muss man einfach Sorge um alle seine Daten haben und dafür sorgen, dass sie sicher sind.
Andreas Maurer: Das klingt natürlich alles schon sehr dystopisch fast. Von daher zum Schluss die Frage, wie pessimistisch oder optimistisch bist du? dass wir vielleicht in einem Jahr in Sachen digitale Souveränität in Europa besser stehen.
Alexandra Geese: Ich glaube, diese ganze Dystopie sorgt natürlich dafür, dass plötzlich ein Gefühl der Dringlichkeit in Europa vorhanden ist und das ist einfach eine großartige Chance, dass wir im Bereich digitaler Souveränität vorankommen und das ist für mich eben nicht nur der Cloud Bereich, es sind nicht nur die Infrastrukturen, das ist die Grundlage, sondern es wären auch soziale Netzwerke, die gerade auch neu entstehen und die dann eine echte Chance hätten. Und ich würde mir sehr wünschen, dass wir soziale Netzwerke haben, die nicht wie X oder TikTok funktionieren, wo man im Prinzip mehr Desinformation liest als Fakten, wo man sich nicht mehr friedlich austauschen kann, weil nur noch gehetzt wird, sondern dass wir wieder Plattformen des Austausches haben, auf denen wir auch vernünftig miteinander reden können, auf denen wir Informationen leicht finden, auf den die Wissenschaft wieder unterwegs sein kann und wo man keine Angst haben muss, seine Meinung frei zu sagen. Und auch dafür brauchen wir eine großartige gute europäische Cloud Infrastruktur.
Andreas Maurer: Da hat Markus Beckedahl heute Mittag auch noch mal einen schönen Vorschlag referenziert, der gar nicht von ihm kommt, aber jetzt schon seit einigen Wochen auch kursiert. dass eben öffentliche Institutionen, öffentlicher Rundfunk auch Behörden immer, wenn sie auf irgendeiner kommerziellen US-Plattform unterwegs sind, immer mindestens auch eine freie Plattform, Fediverse, oder was immer, bedienen sollten. Ich glaube das ist wäre zumindest ein guter Weg in diese Richtung.
Alexandra Geese: Das verstehe ich auch nicht, warum das noch nicht passiert. Das wäre super wichtig damit anzufangen. Das haben wir auch alle selber in der Hand als Nutzerinnen und Nutzer und gerade die öffentliche Institutionen natürlich auch die Bundesregierung, die Europäische Kommission, das Fernsehen und der Rundfunk, die müssen da vorangehen.
Andreas Maurer: Vielen Dank, Alexandra Geese, vielen Dank Ihnen fürs Zuhören, und wie immer freuen wir uns über Bewertungen und Kommentare zu Insider IONOS. Entweder direkt unter dieser Episode oder gerne auch per Mail an podcast@onos.com. Und damit tschüss und bis zum nächsten Mal.